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Kleiner Hohe Schrecke Rundweg: Naturschutzgebiet Hohe Schrecke
Naturnahe Wanderwege, urtümliche Buchenwälder und eine gigantische Hängebrücke über das wilde Bärental – und das gerade einmal 65km von zu Hause entfernt. Das alles verspricht der vom deutschen Wanderverband zertifizierte Qualitätswanderweg “Kleiner Hohe Schrecke Rundweg” – zu gut um wahr zu sein?
Nüsschen und ich sind dort gewesen und haben es inspiziert!
Tourischubsen deluxe
Wir waren an einem verregneten Nachmittag Ende Juli dort – zugegeben ein Samstag ist ja nicht der beste Zeitpunkt, wenn man Ruhe und Einsamkeit sucht. Der Wanderweg startet im kleinen thüringischen Nest Braunsroda und schlängelt sich dann knappe 14km quer durch das Naturschutzgebiet Hohe Schrecke. Braunsroda besteht aus circa sechs Häusern, einem Restaurant und einem Wanderparkplatz. Schon beim auffahren auf den holprigen, mit Schlaglöchern verzierten Parkplatz fallen uns eine Reihe miesepetrig dreinschauender Anwohner und jede Menge Verbotsschilder auf – keine Durchfahrt, hier nich parken, dort nich drüber latschen, Hundekacke unerwünscht. Und schnell wird klar was los ist – in dem Örtchen in dem sich seit vermutlich siebenhundert Jahren Fuchs und Hase täglich einen angenehmen Abend wünschen steppt plötzlich der Bär 🐻 Marketing, Wanderwegszertifizierung und Hängebrücke scheinen Wirkung zu zeigen, der Touri kommt in Scharen! Der nagelneue Parkautomat lacht, der Anwohner hingegen nicht. Der Parkplatz ist proppenvoll, und eine Gruppe Wanderer nach der nächsten wälzt sich vom Parkplatz aus durch das kleine Dörfchen in Richtung vielgepriesener Hängeseilbrücke. Drei Kilometer sind es bis dort und die Wanderer mindestens so unterschiedlich wie die Kennzeichen der zahlreichen Fahrzeuge auf dem Parkplatz – von Glitzerhandtasche und weißen Turnschuhen bis “für die Arktis bestens gerüstet” ist alles dabei und sie alle schieben sich tapfer durch den Wald – vorbei an Zäunen und einer handvoll Schafe und jeder Menge Hinterlassenschaften vorheriger “Naturfreunde”.
Nach drei Kilometern über die Waldautobahn ist die vielbeworbene Brücke über das Bärental erreicht – und nach ein wenig schaukeln und wippen in luftiger Höhe sowie den obligatorischen Selfies geht es für die meisten Wander*innen auch schon wieder zurück zum Auto. An der Brücke ist es wirklich voll und nur mit etwas Glück erhaschen wir einen kleinen menschenleeren Moment für unsere eigenen Abenteuerfotos. Ein Paar nörgelt darüber, dass eine Hängebrücke irgendwoanders viel größer und viel spannender wäre als diese hier. Kurz nach der Hängeseil Brücke gibt es dann den Aussichtspunkt “Unstrutblick” und der Blick auf die weit entfernt im Tal liegende Unstrut wirklich schön – eine Streuobstwiese umrahmt die Szenerie. An dem kleinen, vermüllten Unterstand treffen wir dann auch die letzten hartgesottenen Wanderer, die tatsächlich nach der Brücke noch ein kleines Stück weiter gegangen sind. Die übrigen 11km des Wanderweges haben Nüsschen und ich dann ganz für uns allein.
Willkommen im Pimmelwald
Nach den Touristen wird es einsam, trockenes Gras wiegt sich in der abendlichen Brise, der Wald ist still und die großen Buchen scheinen schier endlos. Es gibt mehrere Unterstände, einige in gutem Zustand, die meisten jedoch in schauerlich schlechtem Zustand – ob gut, ob schlecht, liegengelassene Bierpullen, Vodkaflaschen und Taschentücher gibt es überall. Was mir jedoch besonders auffällt sind die “Schmierereien” am Wegesrand – kaum eine Baumrinde ist unversehrt: in viele sind Initialen geschnitten, in andere Genitalien – in manche ein Herz, aber in richtig viele Baumrinden sind Penisse und Stinkefinger geritzt. Wir gehen ja viel wandern, aber das ist für uns eine neue Erfahrung: Penisse im Wald sind uns bisher noch nicht untergekommen. Ich fühle mich unwohl. Irgendwie ist die Stimmung auf dem Wanderweg merkwürdig und alles gibt mir das Gefühl hier nicht willkommen zu sein. Wir legen einen Zahn zu und gehen schnell weiter!
Mit Höhen und Tiefen
Es geht nicht nur auf und ab, es wird zwischendurch sogar auch mal richtig schön – der kleine Pfad schlängelt sich durch den Buchenwald, wird dann wieder etwas breiter und führt über eine Weide den Hügel hinauf über eine Streuobstwiese – der Blick auf die abendliche Landschaft ist wunderschön, wir halten inne und machen eine Pause – und verstehen total, was Martin Luther, Goethe und Co an dieser Landschaft so gefallen hat! An Sonnenblumen und bereits abgemähten Kornfeldern führt der Weg wieder zurück zum Ausgangspunkt – vorbei an Waldrändern, einsamen Ferienwohnungen und jeder Menge herumfliegender Taschentücher.
Fazit
Der kleine Hohe Schrecke Rundweg ist einfach zu laufen und bemerkenswert gut markiert. Die Erreichbarkeit in unmittelbarer Nähe zur A71 tadellos und auch die Hängeseilbrücke ist durchaus interessant! Buchenwälder, Streuobstwiesen und Blicke ins Land lohnenswert. Was leider wirklich sehr negativ aufgefallen ist, war der viele Müll und die zahlreichen Hinterlassenschaften der anderen Wanderer. Schade, dass sich in Deutschland das Leave no Trace-Prinzip nach wie vor einfach nicht durchsetzt. ☹️ Fehlende Mülleimer tun dazu ihr Übriges. Was den Wanderspaß außerdem unglaublich getrübt hat waren die zahlreichen Schnitzereien in und an den Bäumen. Dabei liegt dem Naturschutzgebiet Hohe Schrecke eigentlich ein sehr spannendes Projekt des Landes Thüringen zu Grunde – man möchte hier den “Urwald von Morgen” schaffen, dem Wald also nahezu ungestörte Entwicklungs- und Erholungsmöglichkeiten geben, damit dieser sich frei und wild entfalten kann. Was auch sehr schön war, war die viele Kettensägenkunst: Kartenständer, Bänke und und ein paar der neueren, besseren Unterstände waren rustikal verziert.
Wer allerdings nicht unbedingt dem Hängebrückentourismus nachgehen sondern tatsächlich lieber wandern möchte, der ist mit dem schräg gegenüber liegenden Kyffhäusergebirge deutlich besser beraten.
Ich weiß nicht genau, wie ich es beschreiben soll, aber irgendwie ist das Karma oder die Aura auf der Hohen Schrecke seltsam. Die Energien waren irgendwie merkwürdig und ich war froh, dass unsere Tour heute keine Übernachtung beinhaltete und wir schnell wieder nach Hause konnten. Ich habe mich einfach nicht wohl gefühlt.
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